Was zählt wirklich im Studium? Und wohin soll es führen? Die schlechte Nachricht: Eine universelle Antwort gibt es nicht. Die gute: Der Selbstverwirklichung steht nichts im Wege.
Von Sascha Renner
Wie sichert man sich berufliches Glück und ein erfülltes Leben? Schön wäre es, es gäbe darauf eine klare Antwort. Die gibt es nicht. Fest steht aber: Die individuelle Ausgestaltung des Studiums spielt auf dem Weg zum Erfolg eine zentrale Rolle. Neben Talent ist eine am Ziel orientierte Studienstragie entscheidend. Was aber soll man tun und was besser lassen? Worauf man seine Energie konzentrieren soll, ist eine komplexe, aber unvermeidliche Frage: Den Zehnkampfolympiasieger, der ein Doppelstudium mit lauter Sechsen abschliesst, über berufliche Erfahrung verfügt und auch noch seine kranke Mutter pflegt, den gibt es nicht.
Studieren, was Freude macht
Jeder muss sich deshalb über seine Wünsche im Klaren sein. Zukunftsträume sind hierfür eine nützliche Beschäftigung. Denn intrinsisch motiviertes Lernen ist der Motor eines Universitätsstudiums und eines ganzen Lebens. Gleichwohl bleiben viele Fragen offen: Sind gute Noten alles? Soll man ins Ausland wechseln? Auf was legen Arbeitgeber wert, wenn sie eine Stelle besetzen?
Dass eine hohe fachliche Kompetenz im Einklang mit den Erfordernissen der anvisierten Position die Grundlage der eigenen Wettbewerbsfähigkeit bildet, steht ausser Frage. Aber, und das geht oft vergessen, gute Leistungen in einer Einzeldisziplin sind nicht das einzige Selektionskriterium. Wenn Anstellungsträger erzählen, welchem Kriterienraster sie bei Bewerbungsgesprächen folgen, dann fallen immer wieder dieselben Schlüsselbegriffe: Eigenverantwortung, Selbstständigkeit, Durchhaltewillen, unternehmerisches Denken, Team- und Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Engagement, Vielseitigkeit, Kreativität.
Kann das alles gelernt werden? Es kann. An der Universität selber, indem man seine wissenschaftlichen Interessen vielfältig und nicht als Monostudium anlegt. Je nach Fakultät sind die Möglichkeiten dazu unterschiedlich, doch bestehen überall Freiräume für Auslandaufenthalte und Praktika. Auch ausserhalb der Universität bieten sich zahlreiche Möglichkeiten zum spielerischen Erwerb von Wissen, in Form sozialer, politischer oder kultureller Engagements. Ein innerer Zusammenhang zwischen universitären und ausserschulischen Betätigungen ist von Vorteil. Dennoch ist es weniger wichtig, was man tut, als dass man etwas tut. Denn wer Wissen vielfältig kombiniert,der schafft ein Unikat und fällt damit auf.
Beispiele dafür sind die sechs Studierenden, die wir im Dossierteil dieser Ausgabe vorstellen. Sie nehmen ihre Bildung in die eigene Hand, sind offen und lassen sich davon leiten, was sie begeistert. Das Präsidium einer Menschenrechtsgruppe erachten sie als ebenso selbstverständlichen Baustein ihres Bildungs-Portfolios wie die Organisation eines Jonglier-Wettbewerbs.
Verantwortung statt Eigennutz
Positive Begleiteffekte: der Erwerb breiter
sozialer Kompetenzen sowie der viel zitierte
Farbtupfer im Lebenslauf. Über den individuellen
Nutzen hinaus erwächst aber auch
der Gesellschaft ein Gewinn: Am Ende stehen
keine ellböglerischen Karrieremenschen
da, sondern Leute, die Verantwortung übernehmen
und für die Probleme von heute
tragfähige Lösungen entwickeln. Leute, auf
die unsere Welt angewiesen ist.
Nicht jeder Studierende verfügt über dasselbe
Talente-Inventar und die Ressourcen
für ausserschulische Bildung. Umso mehr
gilt es, die Balance zu finden zwischen
strikter Karriereplanung und persönlicher
Flexibilität, um auf sich bietende Chancen
reagieren zu können. Gelingt dies, kommt
man nicht nur dem beruflichen Glück einen
grossen Schritt näher. Man hat auch mehr
vom Studium – und damit vom Leben.