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Rainer Hornung ist Professor für Sozialpsychologie am Psychologischen Institut dr Universität Zürich.

Stimmt es, dass Rauchen bei jungen Menschen nicht mehr im Trend liegt?

Von Rainer Hornung

Versteht man einen Trend als eine Modeerscheinung, die von einer Mehrheit der Bevölkerung getragen wird, dann ist der Fall klar: Rauchen liegt nicht, ja, lag nie im Trend. Zu jeder Zeit waren Raucherinnen und Raucher, Jugendliche wie Erwachsene, eine Minderheit. Doch wie steht es um den zeitlichen Verlauf des Phänomens: Ist der Anteil der Rauchenden unter den Jugendlichen in den letzten Jahren gewachsen oder eher geschrumpft? Antworten auf diese Frage können längsschnittlich angelegte Studien geben, die ein Verhalten mit einem über die Zeit identischen Erhebungsinstrument erfassen; die befragten Personen müssen die untersuchte Population jeweils repräsentativ abbilden.

Das vom Psychologischen Institut der Universität Zürich, Abteilung Sozial- und Gesundheitspsychologie, gemeinsam mit externen Kooperationspartnern im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit entwickelte Tabakmonitoring erfüllt diese Bedingungen. Das Monitoring erfasst seit 2001 den Tabakkonsum der 14- bis 65-jährigen Wohnbevölkerung repräsentativ und kontinuierlich. Pro Jahr werden insgesamt 10 000 Personen befragt (jeweils vierteljährlich, telefonische Interviews mit 2 500 Personen). Das Befragungsinstrument besteht aus einem Basismodul, in dem grundlegende Daten zum Tabakkonsum, wie beispielsweise Art und Häufigkeit des Konsums, erhoben werden. Es wird jeweils ergänzt durch Zusatzmodule, in denen tabakrelevante spezifische Fragestellungen wie das Rauchverhalten der Jugendlichen oder die Passivrauchbelastung der Bevölkerung erfasst werden.

Höher Gebildete rauchen weniger

Wie steht es nun um den statistischen Trend? Es gibt ihn: In den neunziger Jahren ist der Tabakkonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in der Schweiz angestiegen, danach erfolgte eine Trendwende. Dies zeigt sich in den Daten des Tabakmonitoring für die Jahre von 2001 bis 2006. In diesem Zeitraum ist der Anteil der regelmässig rauchenden 14- bis 19-Jährigen von 31 Prozent auf 25 Prozent gesunken. Deutlich zeigt sich in den Ergebnissen der bekannte inverse Zusammenhang mit dem Bildungsniveau der 16- bis 19-Jährigen: Im Jahre 2006 rauchten 37 Prozent der Lehrlinge und Lehrtöchter, bei den Absolventinnen und Absolventen des Gymnasiums waren es 20 Prozent. Auch für die erwachsene Bevölkerung gilt dieser Zusammenhang: Personen mit tiefer Schulbildung (29 Prozent) rauchen häufiger regelmässig als Personen mit einem hohen schulischen Bildungsniveau (17 Prozent).

Für die Suchtprävention ist neben dem «Wer» und «Wieviel» insbesondere das «Warum» bedeutsam. Was sind also die Gründe, weshalb mit dem Rauchen begonnen beziehungsweise aufgehört wird? Rund zwei Drittel der rauchenden Jugendlichen sagen: «Ich bin oft im Stress und das Rauchen beruhigt mich» sowie «Das Rauchen ist zur Gewohnheit geworden». Diese Angaben verweisen zum einen darauf, dass Rauchen – vermittelt über das pharmakologische Wirkungsspektrum – bereits bei einem grossen Teil der Jugendlichen zu einer habitualisierten Form der Spannungs- und Belastungsbewältigung geworden ist. Zum anderen spiegelt sich darin eine rasch eintretende Abhängigkeit, zumindest im Sinne einer schwer abzulegenden Gewohnheit. Und was sind umgekehrt aus Sicht der nichtrauchenden Jugendlichen Gründe gegen das Rauchen? Gesundheit, Vermeidung einer Abhängigkeit, Ästhetik und Kosten lauten hier die relevanten Stichworte («Rauchen ist ungesund, möchte nicht abhängig werden, weil man dabei immer so stinkt und weil es teuer ist»). Ein weiterer wichtiger Grund dafür, dass junge Menschen rauchen, liegt im sozialen beziehungsweise familiären Umfeld. Eltern, Geschwister und Freunde dienen als Vorbild; neue Verhaltensweisen werden erlernt, indem das Kind oder der Jugendliche diese Vorbilder nachahmt. Dies gilt auch für den Konsum legaler und illegaler Drogen. So ist der Anteil der Jugendlichen, die täglich rauchen, fast dreimal so hoch, wenn beide Eltern rauchen: 11 Prozent, wenn kein Elternteil raucht, rund 16 Prozent, wenn entweder Vater oder Mutter raucht und 27 Prozent, wenn beide Elternteile rauchen. Dieser Zusammenhang gilt auch für das Rauchverhalten der Geschwister sowie der Freunde und der gleichaltrigen Peers.

Rauchende gelten als kontaktfreudiger

Interessant ist auch die Frage, ob Raucher oder Nichtraucher bei Jugendlichen das positivere Image besitzen. Antwort: Das Image von nichtrauchenden Jugendlichen ist besser als dasjenige der rauchenden – und zwar unabhängig davon, ob ein befragter Jugendlicher selbst raucht oder nicht. Dieser Befund überrascht, da die sonst übliche Favorisierung der Eigengruppe sich hier nicht findet. Positive Eigenschaften wie «cool», «erfolgreich» oder «attraktiv» werden eher nichtrauchenden Personen, negative Eigenschaften wie «aggressiv», «nervös» oder «unzufrieden» eher rauchenden Personen zugeschrieben. Einzige Ausnahme: Rauchende Jugendliche nehmen für sich in Anspruch, dass sie kontaktfreudiger sind. Allerdings ist zu bemerken, dass ein grosser Teil der Jugendlichen der Ansicht ist, dass sich die beiden Gruppen bezüglich der vorgegebenen Eigenschaften nicht unterscheiden. Dies würde heissen, dass aus Sicht von Jugendlichen Rauchen beziehungsweise Nichtrauchen kein zentrales Element bei der Bildung des Gruppenselbst- und -fremdbildes ist.

So lässt sich abschliessend festhalten: Der Trend ist rückläufig, das Image der Rauchenden ist eher negativ, aber dennoch raucht weiterhin jeder vierte Jugendliche und junge Erwachsene.