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Der zusammenfassende Bericht «Portrait des Finanzplatzes Schweiz. Schlussbericht 2007» und der ausführliche «Monitoring-Report» (dieser beschreibt die Struktur, Produkte und Dienstleistungen des Finanzplatzes Schweiz im Detail, in Englisch) stehen auf der Website des SWCF kostenlos zur Verfügung. Erstellt wurde die Studie von Lucas Bretschger, Hans Geiger, Vivien Kappel, Laura Kuster, Alexandra Schaller und Oliver Wünsch. Das Monitoring des Finanzplatzes Schweiz ist mit der vorliegenden Studie abgeschlossen. Unter dem Namen «SWCF» werden aber auch in Zukunft Forschung zum Thema Finanzplatz Schweiz durchgeführt werden.

Finanzplatz auf dem Prüfstand

Die «Swiss Financial Center Watch» untersucht die Entwicklung des Finanzplatzes Schweiz. Welches seine Stärken und Herausforderungen sind und welche Bedeutung der Finanzplatz für die Schweiz hat, zeigt eine heute vorgestellte Studie.

Von Adrian Ritter

«Nur in Luxemburg und Liechtenstein spielen die Banken eine wichtigere Rolle als in der Schweiz», lautet eine der Schlussfolgerungen im heute veröffentlichten Bericht «Portrait des Finanzplatzes Schweiz». Insgesamt trage der Finanzplatz Schweiz rund 18 Prozent zur Wertschöpfung der nationalen Volkswirtschaft bei. Dieser Wert sei wie auch der Beschäftigungsanteil des Finanzsektors weit höher als etwa in Grossbritannien oder den USA, den Ländern mit den zwei führenden globalen Finanzplätzen.

Das Forschungsprojekt «Swiss Financial Center Watch» (SFCW) - eine Kooperation zwischen dem Swiss Banking Institute der UZH (Prof. Hans Geiger) und dem Institut für Wirtschaftsforschung der ETH Zürich (Prof. Lucas Bretschger) – stellt aber auch die Kehrseite klar: Weil eine derart wichtige Branche ständig mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert sei, stelle sie auch ein «Klumpenrisiko» dar.

Stark in Nischen

Zu diesen Herausforderungen gehören mehrere strukturelle Entwicklungen, welche in der Studie beschrieben werden. So hat sich der Finanzplatz Schweiz in den letzten 20 Jahren von einer weit stärkeren Diversifikation verabschiedet und sich auf wenige Kernkompetenzen spezialisiert - insbesondere das Private Banking und die Vermögensverwaltung.

Diese Spezialisierung wird mit einigem Erfolg betrieben, wie der «Global Financial Centres Index» zeigt. Er misst die weltweite Wettbewerbsfähigkeit von Finanzplätzen und rangiert den Finanzplatz der Region Zürich auf Rang 5 und denjenigen der Region Genf auf Rang 7.

Möglich ist diese starke Position gemäss der Studie, weil sich die Schweiz durch offene Märkte, eine stabile und unabhängige Währung und einen freien Kapitalverkehr auszeichnet. Massgebend sei zudem, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen darauf ausgerichtet seien, eine hohe Rechtssicherheit und einen effektiven Schutz der Privatsphäre für die Kunden zu schaffen.

Schwäche bei den Wertschriften

Eine starke Stellung nimmt der Finanzplatz auch im Bereich des Devisenhandels ein, wo die Schweiz hinter den USA und Grossbritannien der drittgrösste Marktteilnehmer ist. Weniger erfreulich präsentiert sich die Situation gemäss der Studie beim Wertschriftenhandel, wo die Schweiz in den letzten Jahren im international härter werdenden Wettbewerb Marktanteile verloren habe.

Den Grund hierfür sehen die Autoren der Studie insbesondere bei der Stempelsteuer, welche die Kunden von Wertschriften-Transaktionen belastet und dem Bund jährlich rund 2,7 Mrd. Franken in die Kassen spült. «Diese Steuern vertreiben Finanzgeschäfte aus der Schweiz, die eigentlich hierher gehören. Keiner der konkurrierenden Finanzplätze kennt eine vergleichbar schädliche Transaktionssteuer», heisst es in der Studie. Entsprechend wird auch die klare Forderung erhoben: Die Stempelabgabe sei rasch und vollständig abzuschaffen.

Mehr als ein Bankenplatz

Zu diesen strukturellen Entwicklungen des Finanzplatzes Schweiz gehört auch, dass die Banken und Versicherungen zwischen 1995 und 2005 die Zahl ihrer Beschäftigten um rund sechs Prozent reduziert haben.

Dass die Finanzbranche insgesamt im selben Zeitraum gewachsen ist, erklärt sich durch die Gruppe der «spezialisierten Finanzdienstleister». Dazu gehören beispielsweise selbstständige Vermögensverwalter und Treuhänder oder junge, flexible Nischenfirmen, die in wenig oder gar nicht regulierte Bereichen der Finanzdienstleistungen wie Private Equity Funds oder Hedge Funds tätig sind.

Sie bieten Produkte mit zum Teil erheblich höheren finanziellen Risiken und entsprechend aber auch höheren Gewinnaussichten an. Von 1995 bis 2005 ist diese Gruppe von Beschäftigten stark gestiegen und ist heute annähernd so gross wie der traditionelle Bankbereich.

Ein Begriff im Wandel

Gewandelt hat sich nicht nur die Struktur des Finanzbereiches, sondern auch der Begriff «Swiss Banking». War damit früher das Bankengeschäft in der Schweiz gemeint, ist heute eher das Geschäft der Schweizer Banken darunter zu verstehen. Diese sind verstärkt auch im Ausland tätig und beschäftigten 2006 erstmals mehr Arbeitskräfte im Ausland als in der Schweiz.

Diese Entwicklung verstärkt gemäss den Autoren der Studie den Wettbewerbsdruck auf den Standort Schweiz. Entsprechend sei dem Standortwettbewerb auf allen Ebenen Beachtung zu schenken. Ziel müsse es sein, eine hohe Innovationsfähigkeit zu gewährleisten. Dazu beitragen können verschiedenen Faktoren – von den rechtlichten Rahmenbedingungen, der Regulierung und Aufsicht über den Finanzmarkt und der steuerlichen Belastung bis zur Forschung und Lehre an den Hochschulen, welche die nötigen Kompetenzen der Beschäftigten der Branche sicherstellen.

Private Banking mit Wachstum

Was ist von der Forderung zu halten, angesichts der aktuellen Finanzkrise nach dem Hypotheken-Debakel die Aufsicht über den Finanzmarkt zu verstärken? Oliver Wünsch, Oberassistent am Swiss Banking Institute und Mitautor der Studie, winkt ab: «Es macht keinen Sinn, dass die Aufsichtsbehörden die Risikopolitik der Banken festlegen. Eine zu detaillierte Aufsicht führt nur dazu, dass die Banken bei Problemen die Schuld auf die Behörden abschieben, weil diese ja alles gewusst und stillschweigend zugestimmt hätten.»

Für Oliver Wünsch ist von der aktuellen Krise denn auch weniger der Finanzplatz Schweiz als die Reputation der beiden schweizerischen Grossbanken betroffen. «Diese stehen für ein umfangreiches Geschäftsmodell mit starker Investmenttätigkeit, während der Finanzplatz Schweiz insgesamt vor allem als Standort für die Vermögensverwaltung gilt», so Wünsch. Er empfiehlt denn auch, sich in Zukunft wieder vermehrt auf diesen Geschäftsbereich zu konzentrieren: «Wir sehen im Private Banking das grösste Wachstumspotenzial für den Finanzplatz Schweiz.»